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Kevin van Braak

Eine Kuppel
für Freigeister

Die Kuppel steht an der Ecke vom Noordbolwerk. Nicht zur Verteidigung, die Zeit ist vorbei. Die Kuppel, das runde Dach, ist einladend. Der bildende Künstler Kevin van Braak hofft, dass es ein Platz ist, wo jeder sich frei fühlt. „Darum“ sagt er, „sehe ich meine Kuppel als echten Freiplatz wo im Prinzip alles erlaubt ist. Wollen Sie Dinge verkaufen, prima. Wollen Sie hier Lärm machen? Auch gut. Mit Freunden kochen, Yoga Stunden geben, mit einer Schulklasse über Freiheit sprechen, von mir aus ist das alles erlaubt.

Die Kuppel ist Kevin van Braaks plan B. Ursprünglich wollte er für Façade 2022 ein altes Fischerboot aus der Aralsee an der Grenze von Usbekistan und Kasachstan einführen lassen. Die Aralsee ist eigentlich ein Binnenmeer. Ein See, der vor gut einem Jahrhundert einen Umfang von 450 x 300 km hatte. Dadurch, dass ihm viel Wasser für die Bewässerung des Baumwollanbaus entzogen wurde, ist er geschrumpft und veränderten sich große Teile davon in Wüste. Kevin: „Für Fischer gibt es dort keine Arbeit mehr. Ihre Boote verrotten. Eins von diesen Schiffen wollte ich nach Middelburg holen und auf die Baustelle der zerrstörten Kaserne legen. Der Krieg in der Ukraine machte den Versand unmöglich. Ich hätte so ein ausrangiertes Fischerboot in Middelburg schön gefunden. Für Nachhaltigkeit und Klimaveränderung wäre es ein Statement gewesen. Sollte es in den nächsten Jahren doch möglich sein so ein Schiff zu exportieren, dann komme ich sicher damit auch nach Zeeland“.

Unterdrückung und Freiheit, das sind 2 Themen die konsequent in den Werken von Kevin van Braak zurückkommen. Mit Bildern, Installationen, Aufführungen und Videos baute er sich einen internationalen Namen auf. Den Wendepunkt seiner Karriere sieht er selbst rund 2013. Bis zu dieser Zeit machte er Werke, die immer irgendwie auf Diktatur verwiesen. Er rekonstruierte die Büros von umstrittenen Figuren, wie Hitler, Stalin, Mao, Tito en Nixon, Weltführer, die über das Leben von Millionen Menschen entschieden. Er baute multifunktionale Öfen für Bücherverbrennung und ließ Büsten von 11 CEOs, die an der Entwicklung von Nuklearwaffen beteiligt waren, explodieren.

“Vor ungefähr 10 Jahren kam eine Zeit in der ich mehr über mich selbst und meine Wurzeln nachdachte“, erzählt er. „Über den Indonesisch-Chinesischen Hintergrund meiner Mutter, bekam ich einen Indischen Hintergrund. Ich habe 3 Jahre lang nach meinem Indonesischen Opa Tan Hie Thwan geforscht, der im 2. Weltkrieg die Japanischen Lager und die Hölle der Birma-Eisenbahn überlebte. Ich habe sämtliche Dokumente angefragt, ich bin überall gewesen, wo er in Gefangenschaft gewesen ist. Im Dschungel von Birma habe ich bei einem Buddhistischen Tempel mit 8 Mönchen eine Totenzeremonie gehalten. Sehr emotional, ich hatte das Gefühl, dass es ein befreiender Moment für seinen Geist war. In Rotterdam machte ich in dem Atelier Van Lieshout für die Ausstellung Territory  ein Bauwerk für alle Menschen, die bei der Arbeit an der Birma-Sjam-Eisenbahnlinie gestorben sind. Nutzlos gestorben. Es sind zwei Holzsäulen von achtzehn Metern Höhe, die zusammen ‚Hell Fire Pass‘ formen, ein Tor das verdeutlicht, wieviel Felsen die Gefangenen wegschleppen mussten, um einen Durchgang für die Eisenbahnlinie zu bauen“.

Kann die Kuppel in Middelburg an die mehr autobiografische Herangehensweise des Künstlers gekoppelt werden ? Kevin: „Auch in meinen persönlichen Werken schimmert die Politik durch. Das Wegnehmen des freien Willens, Unterdrückung, diese Themen sind immer dabei. Mein Stiefvater sagte einmal: ‚arbeite niemals für einen Chef‘. Diese Einstellung verkörpere ich. In der Kuppel lasse ich allen Raum für den freien Willen. Sie können dort machen was Sie wollen, ohne Angst haben zu müssen“.

Den freien Willen findet man wieder in der Konstruktion des Kunstwerks. Die Kuppel wird aufgebaut mit aus Holz gemachten, unregelmäßigen Pentagons . Die Konstruktionen werden mit aus Plastik gemachten Ecken an den Ecken mit einander verbunden. Auch dieses Element steht dem Künstler sehr nahe: Er ist Eigentümer von GoGo Plastics, ein Betrieb in Arnhem, der Plastik wiederverwertet und davon Blattmaterial für die architektonische und künstlerische Anwendung macht. Oben ist die Kuppel verschlossen mit einem winddurchlässigem Tuch. Der Rest des Rasters ist teilweise offen und teilweise geschlossen. Der Künstler: „Ich will Workshops organisieren, wo Teilnehmer selbst ein Pentagon mit Holz oder einem schönen bemalten Tuch zu machen können. Somit wird die Kuppel noch mehr ein Unterschlupf für Freigeister“.

Kevin van Braak (Warnsveld, 1975) macht Installationen, Bilder und Veranstaltungen bei denen er politische und ideologische Empfindlichkeiten aufdeckt. Seine Werke waren ausgestellt bei dem Projekt Sonsbeek 2016 in Arnhem, in Boymans van Beuningen in Rotterdam, Framer Framed in Amsterdam und außerdem u.a. in Lissabon, Belgrad, Carrara, Nantes, Mailand, Porto, Yogyakarta und Bali. Der Elefant – eine Skulptur aus Teakholz – ist permanent im Anningahof Kunstmuseum in Zwolle zu sehen.

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